Gerade trifft sich die internationale Gemeinschaft in Marrakesch – René Estermann, Geschäftsführer unseres Partners myclimate ist selbst vor Ort und gibt uns einen Einblick, welche Rollen Mobilität und Verkehr im Klimawandel spielen.
Was ist eigentlich die “Verkehrswende” bzw. der “Mobilitätswandel” – welche konkreten Ansätze gibt es?
René Estermann: “Der individuelle, aber auch der Güterverkehr, sind große, weltweite Emissionsfaktoren. Diese Bereiche sind für rund 20% des weltweiten CO2-Ausstosses verantwortlich.
Bei der letzten Klimakonferenz in Paris wurde eine emissionsfreie Zukunft, konkret das so genannte „net-zero“ Emissionsziel bis zum Jahr 2050 beschlossen. Das Pariser Abkommen ist so aufgebaut, dass jedes einzelne Land seine Klimaziele abgibt und diese erreichen muss. Es liegt also in der Hand der Staaten, Maßnahmen zu entwicklen und dem Bereich eine Priorität zu geben.
Um das Ziel zu erreichen, wird sich also auch der Mobilitäts-/Verkehrsbereich zwangsläufig verändern müssen. Ein „weiter so“ mit Verbrennungsmotoren wie in Deutschland oder der Schweiz kann es nicht mehr geben.”
Was bedeuten die Klimaziele für meine persönliche Mobilität?
René Estermann: “Die persönliche Mobilität ist Teil unseres Lebesstils mit vielen, nicht zu unterschätzenden, positiven Auswirkungen. Dieses Rad lässt sich nicht zurückdrehen – das will auch keiner.
Dennoch haben, wenn wir das Pariser Ziel ernst nehmen, fossile Treibstoffe keine Zukunft mehr. Schon jetzt fokussieren sich die Autobauer viel stärker auf E-Mobilität und erneuerbare Treibstoffe.
Städte, Länder und Gemeinden müssen eine Infrastruktur mit sauberem Strom bereit stellen. Für kurze Distanzen im städtischen Umfeld kann das Auto wirklich keine Lösung mehr sein: E-Bikes & smarte Verkehrskonzepte werden die Zukunft bestimmen. Technische Innovationen halten noch manch spannendes Konzept bereit: „autonomous driving“ als Beispiel.
Auf dem Weg in diese noch ferne Zukunft sind Konzepte wie Car- oder Ridesharing schon jetzt sehr gute Lösungen. Sie bedeuten nämlich nicht den Verlust an Lebensqualität, sondern ein Gewinn daran. Wir können es uns auch als Ganzes gesehen nicht leisten, zu warten. Jede Tonne an CO2-Emissionen, die wir jetzt zum Beispiel durch eine Mitfahrt einsparen, ist wertvoll.”
Was kann ich als Verbraucher tun, um bei der Verkehrswende mitzuhelfen?
René Estermann: “Das tun Sie schon jetzt. Galt früher das eigene Auto als das erstrebenswerte persönliche Statussymbol schlechthin, sieht dies bei der jüngeren Generation schon anders aus. Die steigende Beliebtheit von Angeboten wie Mitfahrgelegenheiten zeigt eindrucksvoll, dass ein Mobilitätswandel nicht nur theoretisch möglich, sondern auch gewollt ist. Das hat nicht nur die Politik erkannt, sondern zum Beispiel auch die Autobauer. Neben Investitionen in E-Mobilität bieten diese ja mittlerweile verschiedene Konzepte an. Weder Wirtschaft noch Politik werden an den Bedürfnissen der Verbraucher vorbei arbeiten, seien Sie sich dessen bewusst.
Anlässlich des COP wurde hier in Marrakesch zum Beispiel das erste Bikesharing in einer afrikanischen Stadt eingeweiht – und es wird begeistert angenommen. Effiziente Verkehrs- und Mobilitätskonzepte funktionieren, nicht nur hier, sondern überall.”
Unser Interview-Partner René Estermann von myclimate an einer Bikesharing-Station in Marrakesch.